In Podcasts auch unter Sprache Musik legen – ist das sinnvoll?
„A 99 Ostumfahrung München… fiedelfiedel… zwischen Aschheim und Ismaning Stau… fiedelfiedel…“
Ich sympathisiere berufsbedingt sehr mit dem Einsatz von Musik unter gesprochener Sprache. Aber klassische Musik unter den Verkehrsmeldungen (gehört auf Klassik Radio)?? Klingt schräg. Bei Falschfahrern was von Wagner? Wenn alles frei ist auf den Straßen – dann vielleicht ein luftiges Capriccio von Tschaikowski?
Ob damals beim Radio oder heute bei der Produktion von Podcasts: Sprache über Musik bleibt ein Streitthema: Wann oder warum soll oder kann man Musik unter längere Moderationsstrecken legen oder produzieren? Einfache wie ambivalente Antwort: Immer, wenn es passt. NICHT passt es meiner Ansicht nach bei Nachrichten und Verkehr. Weil nie auszuschließen ist, dass hier ernsthafte oder sogar bedrückende Inhalte mit „Gedudel“ kollidieren.
Denn wie „neutral“ soll ein Musikbett sein, dass es Meldungen über Terroranschläge, Landtagswahlen wie auch die gewonnene Champions League untermalen kann?
Musik – Verstärker für noch stärkere Emotionen
‚Neutral‘ ist für mich das Unterscheidungsmerkmal: Neutrale Inhalte werden durch Musik nicht besser oder wirksamer. Aber Inhalte, die Emotionen ansprechen, Fröhliches oder Trauriges, werden durch Musik in ihrer Wirkung deutlich verstärkt. Wie im Kino: Erst die Kombination aus Bild, Sprache und Musik lässt uns erschauern, weinen oder lachen.
Der Einsatz von Musik ist also dann sinnvoll, wenn ich emotionale Inhalte verstärken möchte. Die Neuropsychologin Daniela Sammler hat herausgefunden: Musik aktiviert die Hirnareale, die für Emotionen oder das Abspeichern von Erinnerungen zuständig sind. Das macht sich zum Beispiel die Werbung zunutze: Testpersonen konnten sich bei mit Musik unterlegten Werbespots stärker an die dazugehörige Marke erinnern als bei Spots ohne Musik (aus: Bruhn/Oerter/Roesing – Musikpsychologie).
Musikbetten – Federleichter Sound für die Stimme
Wie also muss Musik beschaffen sein, über die sich bei der Podcastproduktion „gut sprechen lässt“? Das ist letztendlich wie beim Kochen: Nicht alles passt zu allem und zu viel von einem schlägt auf den Magen.
Beispiel Grundbeat: Kräftig und basslastig? Passt in einen Popsong, Jingle oder Intro – wenn es darum geht, Eindruck zu machen. Ist aber nervig unter gesprochener Sprache: Dreht man das Musikbett lauter, schlägt der Beat jedes Wort kurz und klein; dreht man das Musikbett leise, hört man nur noch den Beat zispern, aber den Rest der Musik nicht mehr.
Eigentlich gilt: Musikbetten für den Voice-Over-Einsatz dürfen nicht aufdringlich sein. Kein Instrument sollte sich egoistisch nach vorne drängeln. Alles sollte verwoben sein, in einem rhythmisch wechselnden Miteinander der einzelnen Instrumente/Spuren.
Herrje, es ist vertrackt, das gut zu beschreiben. Muss man hören! Ich weiß z.B., dass wir damals beim Podcast für Brot für die Welt Diskussionen hatten: Musikbett drunter, ja oder nein? Ich finde, es gibt dem Beitrag eine sanfte Intensität, die es ohne Musik nicht hätte. Also, einfach mal reinhören. Was wir „Verpackungskünstler“ sonst noch so für Podcasts produzieren, davon gibt es hier ein paar Höreindrücke. Bei audiojungle kann man sich unsere Tracks sogar kaufen.
Und immer gilt: Gut Kling will Weile haben!